Ich und mein Arzt gegen Urtikaria
Jessica

Einführung

Jess aus London ist rund 30 Jahre alt und arbeitet als Senior Account Director.
Derzeit leidet sie nicht an Urtikaria, doch in ihrer Jugend erlebte sie zwei Urtikaria-Episoden.
Seither weiß sie den Wert einer starken Beziehung zwischen Patient und Arzt zu schätzen.

Ich schätze mich glücklich, dass die Urtikaria bei mir nur zweimal aktiv geworden ist. Einmal mit zehn Jahren und dann wieder mit 20 Jahren – beide Male dauerte die Erkrankung etwa ein Jahr und trat ohne ersichtlichen Grund auf. Beim ersten Mal dauerte die Diagnose lange. Sie erforderte viele Blut- und Allergietests. Die Ärzte wollten eine Ursache finden, und als die Erkrankung schließlich abklang, sagten sie, dass ich möglicherweise aus einer Allergie „herausgewachsen“ sei und dass die Erkrankung wahrscheinlich nicht wieder auftreten werde.

In meinem zweiten Jahr an der Universität trat wieder dieser Ausschlag auf und ich wusste sofort, dass es wieder da war. Natürlich war ich ziemlich beunruhigt. Ich ging zu meinem Hausarzt, zeigte ihm den Ausschlag und sagte, dass ich eine Urtikaria vermutete. Zufällig interessierte sich der Hausarzt, den ich aufgesucht hatte, besonders für Dermatologie und meinte sofort, dass er ebenfalls von einer Urtikaria ausgehe.

Wir sprachen darüber, wie es war, als die Erkrankung zuletzt aufgetreten war und welche Medikamente ich verschrieben bekommen hatte. Er erklärte auch, dass manche Formen der Urtikaria „idiopathisch“, also ohne bekannte Ursache, seien. Er schlug vor, dass ich eine Reihe von grundlegenden Allergie- und Bluttests durchführen ließe, meinte aber angesichts meiner Vorgeschichte und da es keine Veränderungen hinsichtlich meiner Verhaltensweisen oder meiner Umgebung gegeben habe, dass es wahrscheinlich keinen besonderen Auslöser für das Auftreten der Krankheit gäbe. Für viele ist es wohl frustrierend oder deprimierend, wenn Ärzte sagen, dass sie die Ursache einer Krankheit nicht kennen. Seltsamerweise war ich jedoch erleichtert. Ich hatte mich schon vor den endlosen Tests und Überweisungen und speziellen Diäten, die ich das erste Mal durchlaufen musste, gefürchtet. Wie viele von Urtikaria Betroffene hatte ich das Gefühl, dass ich mich nicht beklagen dürfe.

„Für viele ist es wohl frustrierend oder deprimierend, wenn Ärzte sagen, dass sie die Ursache einer Krankheit nicht kennen.“

Schließlich ist es ja „nur“ ein Ausschlag. Wenn ich es an den Füßen oder Händen hatte, konnte es extrem unangenehm sein und manchmal kratzte ich mich, bis ich vor Frust weinte. Doch ich hatte keine Schmerzen und fühlte mich nicht krank. Ich zwang mich dazu, auch dann außer Haus zu gehen, wenn ich meine Urtikaria an bestimmten Hautstellen nicht verbergen konnte, und manchmal war ich sehr niedergeschlagen. Trotzdem wollte ich niemandem sagen, wie es mir ging, denn ich dachte, sie würden sich denken: „Worüber beschwert sie sich denn? Es ist ja nur ein Ausschlag.“

Mein Hausarzt hat mich darin bestärkt, dass ich um Hilfe bitte – es handelt sich nämlich um eine Erkrankung, die man ernst nehmen sollte. Er hatte viel Verständnis dafür, welche Auswirkungen die Krankheit auf mich hatte und befragte mich bei jedem Termin genau zu den Symptomen. Außerdem war es eine Erleichterung, dass er genauso frustriert war wie ich, wenn wir ein neues Medikament probiert hatten und es nicht wirkte. Schließlich fanden wir eine Lösung, mit der wir meine Urtikaria einigermaßen in den Griff bekamen und ich hatte allgemein das Gefühl, mehr Kontrolle darüber zu haben.

Zu dieser Zeit war meine Beziehung zu meinem Hausarzt sehr wichtig für mich. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass er auf meiner Seite war. Damals gab es im Internet sehr viel weniger Informationen über Urtikaria. Er war daher meine einzige verlässliche Informationsquelle zu meiner Erkrankung und den Behandlungsmöglichkeiten. Sollte die Urtikaria wieder auftreten, ist es gut zu wissen, dass man inzwischen mehr über sie weiß.

Aufgrund der Urtikaria habe ich mich zurückgezogen – sowohl körperlich, indem ich meine Haut komplett bedeckte und nicht außer Haus ging – aber auch seelisch. Ich wohnte das erste Mal nicht mehr bei meinen Eltern und wollte meinen Eltern nicht ins Telefon heulen. Ich wollte auch meinem Freund und meinem Freundeskreis nicht von meinen Sorgen erzählen, weil ich fürchtete, dass sie mich für eine wehleidige Person halten würden. Mein Hausarzt wurde jener Mensch, mit dem ich offen über meine Erkrankung reden konnte, und er unterstützte mich zu jedem Zeitpunkt. Rückblickend hätte ich ihm jedoch wahrscheinlich mehr über die Auswirkungen auf mein Studium, mein soziales Leben und meine Zufriedenheit sagen sollen.

Sollte meine Urtikaria wieder aktiv werden, hoffe ich, dass ich wieder einen Arzt finde, der sich gleich viel Zeit nimmt, um mich zu verstehen und zu unterstützen. Ich hoffe aber auch, dass ich meinen Freunden und meiner Familie gegenüber offener sagen kann, welche Auswirkungen die Krankheit hat. Ich weiß, dass sie mich gern unterstützen würden, aber das können sie ja nur, wenn ich darüber spreche!